Ahh ... unterwegs! Und prompt stellt sich diese Leichtigkeit ein, die so schwer zu erklären sein wird nach unserer Rückkehr. Ich will's mal so formulieren: mit jedem Kilometer wirfst Du Ballast ab, und die Lebensgeister können aufsteigen. Die dünne Luft, die selbige da oben womöglich erwartet, nimmst Du dabei billigend in Kauf.
In München eine letzte rituelle Brotzeit unter Freunden, gefolgt von einem schmerz- und freudvollen Abschied. Dann Autobahn, Allgäu, Alpen ... . Diesel surrt, Räder rollen, Straßen und Gedanken eilen davon, Landschaften ziehen vorbei und winken uns nach. Die Heimat entlässt uns mit sanfter Hand. Das ist kein plötzliches Eintauchen in eine andere Welt, in die uns ein Flieger mit 1000 km/h transportiert, sondern ein behutsames Entfernen von Vertrautem in Richtung Fremde.
Lago Maggiore, Mailand, Modena. Italienische Trucker heben den Daumen, wenn sie auf der Überholspur gemächlich an uns vorbeiziehen. Italienischen Espresso an den Bars von italienischen Rasthöfen trinken - das ist Urlaub, noch nicht Reisen.
In der Toskana (nein, auch nicht wirklich die Fremde) legen wir unseren ersten planmäßigen Zwischenstopp ein. Auf einem prachtvollen Landgut feiern wir die Hochzeit von Klaas und Sandra. Wir parken Mathilda neben Porsches, Mercedes' und BMW's und erleben ein Wochenende wie aus einem romantischen Film, der - würde man ihn im Kino sehen - schon beinahe zu schön wäre. Da bewegen sich gutaussehende, liebenswürdige Menschen in feudaler Kulisse und feiern die Liebe, die italienische Küche und die Sorglosigkeit einer abendländischen Welt, von der wir uns eigentlich gerade verabschieden wollen. Wie sehr wir es genießen, Teil davon zu sein! Und auch wenn es eine Elite ist, die sich hier versammelt, kommt es uns doch so vor, als wolle sich das alte Europa verabschieden mit einer eindrucksvollen Demonstration seiner friedvollen Gesellschaften, seiner großartigen Kulturen und seiner außerordentlichen Reichtümer.
Nun sind wir auf der Fähre, die uns von Ankona nach Igoumenitsa/ Griechenland bringt. Wir flanieren über ein etwas schmieriges Außendeck und sehen uns mit hellenischen Eigenheiten konfrontiert: Griechen z.B. tragen weiße Lackschuhe - das kann man mögen. Griechinnen tragen tiefe Dekolletees - das muss man mögen. Der schmutzig-braune Qualm aus 10 Schornsteinen setzt dem magentafarbenem Sonnenuntergang schwer zu. Die See zieht an uns vorbei und winkt uns nach. Wir gehen an die Bar für einen Ouzo. Das ist Urlaub, noch nicht Reisen. Aber ... ahh ... unterwegs!
Video: Aufbruch
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